„Alle Menschen werden Brüder.“

Integrationsvorklasse der Aloys-Fischer-Schule eröffnet Ausstellung

Viele Schülerinnen und Schüler aller Schularten sind daran gewöhnt, für ihre Klasse oder ihre Schule Stellwände zu gestalten, auf denen sie mit Bildern oder Texten unterschiedliche Themen veranschaulichen. Die im Allgemeinen vorhandene Verfügbarkeit der deutschen Sprache erleichtert dabei die Lösung solcher Arbeitsaufträge.

Für die 18 Schülerinnen und Schülern der Aloys-Fischer-Schule, die seit dem Beginn des laufenden Schuljahres eine Integrationsvorklasse (IVK) bilden, war die Erarbeitung von insgesamt sieben Stellwänden, auf denen sie sich und ihr Herkunftsland als Grundlage einer schulweiten Ausstellung vorstellen, noch eine besondere Herausforderung. Mit großem Engagement und mit Freude gingen sie an die Arbeit und erzielten ein sehenswertes Ergebnis. 
Die Schülerinnen und Schüler der IVK sind im Durchschnitt 17 Jahre alt und sie kommen aus Rumänien, Vietnam, Moldawien, Aserbaidschan und Pakistan. Die meisten von ihnen flüchteten aus der Ukraine oder aus Syrien.

Seit etwa zwei Jahren konnten sie in verschiedenen Mittelschulen und vor allem in der Berufsintegrationsklasse (BIK) der Deggendorfer Berufsschule erste Deutschkenntnisse erwerben und so entwickelte Klaus Fleder, bis Juli 2025 verantwortlich für die Aloys-Fischer-Schule, die Idee einer IVK-Gründung. Der neue Schulleiter, OStD Wolfgang Schneider, hat diese mit Freude aufgegriffen. Das schulische Ziel besteht nun darin, den IVK-Schülern innerhalb eines Jahres auf der Basis einer bestandenen Aufnahmeprüfung die Qualifikation einer Mittleren Reife zu vermitteln und damit auch die Zugangsvoraussetzung für die 11. Klasse der Fachoberschule zu verschaffen. Sie erhalten dazu neben den Fächern Mathematik, Englisch, GPG (Geschichte, Politik und Gesellschaft) und Pädagogik/Psychologie insgesamt 12 Stunden Deutschunterricht pro Woche.

Die Schule sieht sich aber auch im pädagogischen Bereich in der Pflicht: So hat Raimund Schuller, Deutschlehrer und stellvertretender Klassenleiter, es sich gerne und unterstützt durch das Kollegium zur Aufgabe gemacht, über Fachunterricht (D, GPG) hinaus integrative Impulse zu setzen. Die mehrere Programmpunkte umfassende Vernissage zur Ausstellung der Stellwände stellt dabei nur einen ersten Schritt dar und für sie war es wichtig, die IVK-Schüler nicht allein vor dem Hintergrund von Krieg und Flucht zu sehen. Entsprechend lautet der Titel der Ausstellung: „Alle Menschen werden Brüder.“

Mit der europäischen Hymne und Schillers „Ode an die Freude“ thematisiert sich eine Zukunftsvision von Begegnung und Freundschaft, die gerade den jugendlichen Austausch als friedlichen Kontrapunkt von weltweit extensiver werdender Waffengewalt sieht.

Diese wollte die Vernissage dennoch nicht verschweigen und anhaltende, betroffene Stille legte sich über Schüler und Lehrer, als ein 17-Jähriger aus der Ukraine das wochenlang einstudierte und sprachlich anspruchsvolle „Kriegslied“ von Matthias Claudius vortrug. Und diese Atmosphäre hielt an, als zwei ebenfalls 17-jährige Schülerinnen aus der Ukraine ihre sehr persönlichen Erfahrungen im Zuge des russischen Angriffskrieges schilderten – die Trennung von den Vätern, die an die Front mussten, gehört dazu!

Dass Krieg schon Kinderjahre in ein Meer vorn Bedrohung und Angst versenkt, rufe „Verantwortung aus europäischen Werten“ auf den Plan. In seiner gleichnamigen Rede und in einer Auslegung von Schillers Ode hob Raimund Schuller vor allem hervor, dass die Verwirklichung europäisch gedachter Menschenrechte nicht nur „Sache der politischen Institutionen“ sei. Um den „großen Wurf“ (Schiller) der Freundschaft und damit letztlich des Friedens zu realisieren, sei vielmehr solidarisches, kommunikatives Handeln jedes Einzelnen gefragt. Die Begegnungen mit den IVK-Schülern im Unterricht trügen dem bereits Rechnung und sie seien der Fortsetzung würdig.

Die Vernissage leistete diese Fortsetzung, indem nun eine 13. Klasse (B 13 TWS) mit den IVK-Schülern das Gespräch suchte und mit offensichtlich großem Interesse aneinander auch fand. Im Anschluss daran erhielten Ausstellung und IVK ihre ersten Besucher: Die jetzige Berufsintegrationsklasse war mit ihrer Klassenleiterin, Frau Astrid Schneider, gekommen, um zu erkunden, welche Fortschritte die Ehemaligen bereits erzielt hätten. Mit Stolz und bereits hörbar zugenommener Sprachkompetenz präsentierte die IVK ihre Herkunftsländer auf den Stellwänden.

Während einer abschließenden Schulhausführung zeigten erste Anfragen der BIK-Schüler ein Interesse, ihre Schulausbildung im nächsten Schuljahr an der Aloys-Fischer-Schule fortzusetzen.

OStD Wolfgang Schneider bedankte sich mit lobenden Schlussworten bei allen Beteiligten und brachte große Freude über eine gelungene Veranstaltung zum Ausdruck.